Viel Lärm um drei Millimeter Haut

Anna Adam sorgt sich um die deutsche Streitkultur

Brit Mila – Bund der Beschneidung
Buch Moses 17:11 Dies soll das Zeichen sein zwischen mir und euch.
Im Talmudtraktat Kidduschin gehört es zur Pflicht eines Vaters seinen Sohn zu beschneiden.
Bereits im alten Rom war den Juden die Ausführung dieser Pflicht und das Studium der Tora verboten. Aber wir lassen uns nicht verbieten, was uns lebenswichtig ist.
Im zweiten Buch Moses 4: 24-26 finden wir eine merkwürdige Geschichte.
Moses kehrt mit seiner Frau Zippora und den Kindern nach Ägypten zurück.
Sie rettete Moses und ihren Söhnen Gerschom und Eliesaer das Leben, weil sie ihren Söhnen die Vorhaut abschnitt.
Moses midiantische Frau und im Kapitel Jitro auch sein midianitscher Schwiegervater lehren die ehemaligen ägyptischen Sklaven wie man in der Wüste überlebt. Hygiene gehörte dazu.

Die Beschneidung war in antiker Zeit bei vielen Völkern völlig normal.
Aus Jeremiah 9:24 erfahren wir, dass alle Völker, die in der Wüste lebten, auf dieses kleine Stückchen Haut verzichteten. Wenn man von antiken Reinheitsstandards ausgeht macht das durchaus Sinn.
Ursprünglich war die Beschneidung ein Initiationsritus in der Pubertät vor der Hochzeit.
Also warum diskutieren wir hier um drei Millimeter Haut eines acht Tage alten Knaben?

Kommt hier vielleicht etwas ganz anderes zum Vorschein?
Gibt es da Phantasien von „jüdischen Blutritualen“ und schimmern die absurden Vorwürfe der Hostienschändung oder des Ritualmordes wieder durch?
Im Hochmittelalter warf man Juden vor sie würden christliche Kinder töten um das Blut zur Herstellung ihrer Matza zu gebrauchen. Unter der Folter der Inquisition wurden diese absurden Vorwürfe oft bestätigt.

Geht es bei der Diskussion wirklich um das Kindeswohl?
Oder kommen alte längst vergessene Bilder wieder hoch?

Wieso wird die Brit Mila immer wieder mit der Verstümmelung von Mädchen verglichen, die es in jüdischer Tradition niemals gab? Und wer fragt nach dem Gebärmutterhalskrebs der Frauen? Die HPV-Viren werden durch direkten Haut- oder Schleimhautkontakt, meist beim Geschlechtsverkehr übertragen. In den USA ist die Mehrheit der Männer beschnitten. Dort erkranken deutlich weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs.

Der RamBam (Moses Maimonides) gibt der Frage noch eine weitere Dimension:
(More Nebuchim II, 49)
Die Milah zähmt die sexuelle Lust des Mannes.
Der Buchstabe Zaijin ist dem männlichen Glied ähnlich. Zajin steht für eine Waffe.
Die Beschneidung sorgt dafür, dass der Mann seine Männlichkeit mit Demut nutzt.

In jüdischen Familien gehen die Menschen sehr bewusst und offen mit ihrer Sexualität um.

Die Tage der Menstruation sind Tage der Enthaltsamkeit. Erst sieben Tage nach der Menstruation geht die Frau in die Mikwe, in das rituelle Bad, und danach kehrt sie ins eheliche Bett zurück.

Mila hat im hebräischen zwei Bedeutungen
die rituelle Beschneidung und das Wort

Wenn man uns die Mila, die Beschneidung und das Wort nimmt, verstummen wir.

Anna Adam studierte in Duesseldorf und Hannover Kunst und Diplompaedagogik. Ihre Kunst wird in zahlreichen europaeischen Museen und Galerien gezeigt. Ihre satirische Ausstellung FEINKOST ADAM im juedischen Museum Franken/Fuerth wurde international kontrovers diskutiert. In ihrem „happy hippie jew bus“ faehrt sie seit drei Jahren gemeinsam mit der Musikerin und Kantorin Jalda Rebling durch ganz Deutschland, um mit viel Humor und Satire Klischees zum Judentum zu bearbeiten. Anna Adam lebt und arbeitet als freie Kuenstlerin in Berlin.


Posted

in

Tags: